ALS PRINT, EBOOK UND HÖRBUCH ERHÄLTLICH

 

Ein schicksalhafter Überfall in Berlin.
Zwei geheimnisvolle Männer, die um Emmas Liebe ringen.


Emma wird mitten in der Nacht überfallen. Wie aus dem Nichts taucht ein geheimnisvoller Fremder auf und kommt ihr zu Hilfe. Ihr attraktiver Schutzengel geht ihr nicht mehr aus dem Kopf, auch wenn seither mysteriöse Dinge passieren, die Emma sich nicht erklären kann. Aber es wird noch skurriler, denn sie lernt einen weiteren Mann kennen, der sie genauso magisch anzieht, wie ihr geheimnisvoller Retter. Als sich diese beiden Männer als Emmas neue Vorgesetzte entpuppen, scheint das Chaos perfekt. Sie ahnt, dass hinter ihnen ein Geheimnis steckt, das ihre bisherige Welt gehörig auf den Kopf stellen wird ...

Wer romantische, spannende Urban Fantasy mag, wird in dieser Dilogie auf seine Kosten kommen!
Erster Teil der Urban Fantasy Dilogie - 
DREI SEELEN

TRIGGERWARNUNG:
Dieses Buch enthält potenziell triggernde Inhalte. Die Inhalte sind: Suizid, Suizidversuch und Suizidgedanken


Leser:innenstimmen

 


Mein Leben war so einfach, so normal.

Auch wenn ich damals dachte, es wäre kompliziert. Im Nachhinein betrachtet war es Pipifax.

Der Arbeitgeber in Insolvenz? Egal! Eine Tür schließt sich, die nächste öffnet sich.

Der Freund futsch? Auch wurscht! Andere Mütter haben ebenfalls hübsche Söhne.

Aber ich hatte definitiv nicht damit gerechnet, dass diese beiden Fremden mein Herz und meine Seele im Sturm erobern und mein Leben auf den Kopf stellen würden.

Und nun? Tja, jetzt ist mein Weltbild erschüttert. Meine kleine heile Welt gibt es nicht mehr. Denn das Geheimnis der beiden wurde gelüftet und hat nicht nur deren, sondern auch mein Leben für immer verändert.


Leseprobe

Kapitel 1

Ich stand in der Küche und das Radio dröhnte auf Anschlag hinter mir. Aus tiefster Seele, falsch, aber mit voller Hingabe sang ich zu dem alten Schinken von Bonnie Tyler mit. So gelang es mir zumindest für eine kurze Zeit, meine düsteren Gedanken, meine Sorgen, meine Trauer, meinen Ärger, aber vor allem mein Selbstmitleid zu verdrängen. Nebenbei versuchte ich, meiner besten Freundin Mia und mir ein Abendessen auf den Teller zu zaubern.

Ich hatte den Kochlöffel wohl zu oft als Mikro missbraucht, denn die Nudeln waren zerkocht und das Sugo schmeckte angebrannt. Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass es für einen neuen Anlauf zu spät war, als es auch schon an der Wohnungstür klingelte. Schnell öffnete ich den Knoten meiner Kochschürze, die mit roten Klecksen übersät war, und ließ Mia herein.

Überschwänglich umarmte sie mich und drückte mich fest an sich. Dann schob sie mich ein Stück weit weg und beäugte mich kritisch.

»Du siehst mitgenommen aus, Emma. Ich frage lieber gar nicht, wie es dir geht.« Sie zog die Nase kraus und ihr Blick verfinsterte sich. »Ist das unser Abendessen, was so eigenartig riecht?«

Entschuldigend hob ich die Hände und setzte eine Unschuldsmiene auf. »Vielleicht?«

Ihre Nase entspannte sich ein wenig, dann klatschte sie in die Hände. »Gut, dann bestellen wir eine Pizza bei Luigi.« Auch wenn mir nicht danach war, musste ich lächeln, und als Mia losprustete, stimmte ich mit ein. »Emma, du bist echt eine miese Köchin. Ich sollte mir merken, dich nicht mehr zum Kochen zu animieren, wenn es dir nicht gut geht.« Sie schenkte mir ein entschuldigendes Lächeln und wackelte mit dem Handy vor meiner Nase. »Zwei Margherita?« Ich warf einen Blick auf das Schlachtfeld in der Küche und nickte ergeben. Es war wohl besser so.

»Ich mach uns in der Zwischenzeit eine Flasche Wein auf. Passt Lambrusco für dich?« Mia nickte, also beschäftigte ich mich mit dem Korken. Mit zwei vollen Gläsern bewaffnet, machten wir es uns auf der Couch gemütlich. Mia hatte zwischenzeitlich Pizza bestellt, die in etwa einer Stunde bei uns sein sollte. Anscheinend hatte halb Berlin gerade Gusto auf Pizza von Luigi.

Wir stießen an und nahmen einen Schluck von dem süßen Getränk. »So, und jetzt erzähl mir alles. Was beschäftigt dich so, dass man deine Zornesfalte auf der Stirn so stark sieht?«

Ich stieß einen tiefen Seufzer aus und stellte mein Glas ab. »Herr Mayer, mein Chef, hat uns heute eröffnet, dass die Firma in den Konkurs geschlittert ist. Was das konkret bedeutet, wissen wir noch nicht. Er hat uns zwar versprochen, uns nächsten Montag mehr Infos zu geben, aber gut schaut es nicht aus.«

Mia nickte und ich konnte sehen, wie sich die Rädchen in ihrem hübschen Kopf drehten. »Aber Emma, auch wenn es traurig ist, meinst du nicht, dass du schnell einen neuen Job findest?«

Ich überlegte kurz. »Ja, ich denke schon, aber ich fühle mich dort so wohl. Es ist, oder es war, mein erster Job nach meinem BWL-Abschluss. Das ist wahrscheinlich so wie mit der ersten großen Liebe, die vergisst man auch nie. Ich mag die familiäre Atmosphäre und kann mir nicht vorstellen, nach fünf Jahren woanders anzufangen.«

»Jetzt mal nicht immer gleich den Teufel an die Wand. Wer weiß, vielleicht bekommt er einen Kredit, einen neuen Investor oder die Firma wird übernommen und du kannst deinen Job behalten. Lass es auf dich zukommen und denk positiv, dann wird mit Sicherheit alles gut.«

Wie so oft in letzter Zeit schweiften meine Gedanken ab und ich musste an mein Vorstellungsgespräch bei Labortech vor fünf Jahren denken. Ich war furchtbar nervös gewesen und hatte nur unzusammenhängende Sätze vor mich hingestammelt. Trotzdem hatte mir Herr Mayer, ein Mittvierziger mit einem kleinen Bäuchlein und freundlichen Augen, den Job als persönliche Assistentin des Geschäftsführers ohne Zögern gegeben. Schnell arbeitete ich mich ein und übernahm immer mehr Agenden. Ich wurde zu einer versierten Allrounderin und kümmerte mich um alles, von der Buchhaltung über die Reiseorganisation bis hin zum Personalkram. Durch mein Studium hatte ich ein breites Grundwissen und konnte mein Know-how über die Jahre vertiefen und perfektionieren. Die Firma wurde zu meinem zweiten Zuhause, und die Kollegen waren mir ans Herz gewachsen.

»Wo bist du mit deinen Gedanken, Emma? Hast du mir überhaupt zugehört?«

Ertappt richtete ich meinen Blick auf den Boden.

Mia lachte laut. »Komm, lass uns essen. Ich habe mir schon so was gedacht, nachdem du nicht reagiert hast, als der Pizzabote geklingelt hat.«

Jetzt, wo sie es sagte, nahm ich den köstlichen Geruch meiner Margherita wahr. Knurrend gab mir mein Magen zu verstehen, dass es an der Zeit war, ins Hier und Jetzt zurückzukehren und mich aufs Essen zu konzentrieren. Genüsslich biss ich von einem Stück Pizza ab. Es war eine Unart, aber ich liebte es, direkt aus dem Karton zu essen.

»Tut mir leid, dass ich so in Gedanken war. Das passiert mir in letzter Zeit ständig. Mich beschäftigt derzeit so vieles«, gab ich mit vollem Mund zu.

»Ist schon gut, Emma. Mir würde es in der Situation wahrscheinlich nicht anders gehen.« Mia legte ihre Pizza beiseite und drückte meine Hand. »Ich bin für dich da. Gemeinsam schaffen wir das.«

»Weißt du, wenn es nur das wäre, aber das mit Peter beschäftigt mich auch immer noch. Ja, es ist schon drei Monate her, dass er mich für dieses Model verlassen hat, aber ich verstehe noch immer nicht, was passiert ist. Es hat doch alles zwischen uns gepasst. Der Sex war …«

In Mias Augen blitzte kurz etwas auf, was ich nicht deuten konnte, denn im gleichen Augenblick war es wieder verschwunden. Noch ehe ich weiter darüber nachdenken konnte, sagte sie bereits: »Apropos Peter. Er ist mir vor kurzem über den Weg gelaufen und ihm scheint das Ganze sehr leid zu tun. Vielleicht bist du ja irgendwann bereit, ihm zu vergeben und es noch einmal mit ihm zu probieren. Er wirkte wirklich am Boden zerstört.«

»Mpfff«, war alles, was ich herausbekam. Bis dato war sie es doch gewesen, die mir ans Herz gelegt hatte, diesen Mistkerl aus meinem Gedächtnis zu streichen und nach vorne zu blicken. Anscheinend schaute ich sie gerade etwas verdattert an, denn sie hob abwehrend die Hände.

»Schon gut, schon gut. Lass es dir einfach durch den Kopf gehen. Egal wie du dich entscheidest, ich stehe zu dir. Aber versprich mir bitte, nicht wieder in Selbstzweifel zu verfallen.«

»Du kennst mich einfach zu gut.« Mia lächelte mich aufmunternd an. »Emma, wie oft soll ich es dir noch sagen: Du bist eine wunderschöne junge Frau.«

Sie sprang von der Couch auf, streckte mir ihre Hand entgegen und zog mich ins Vorzimmer zum großen Spiegel. Dort stellte sie sich hinter mich und legte mir ihre Hände auf die Schultern. Was für sie ein Leichtes war, da meine beste Freundin mich um einige Zentimeter überragte.

»Was siehst du?«, meinte sie ernst.

»Wie meinst du das? Na, ich sehe mich

Sie schüttelte den Kopf und probierte es erneut. »Was siehst du, wenn du in den Spiegel schaust? Beschreib dich mal.«

Das war mir unangenehm und ich spürte, wie mir heiß wurde. Mein Spiegelbild bestätigte mir, dass ich rot angelaufen war. »Probier es, bitte.« Sie schenkte mir ein aufmunterndes Lächeln und nickte mir zu.

Was sah ich? Oder besser gesagt: Wen sah ich? Ich unterzog mich einer kritischen Überprüfung. Lange sagte ich nichts, aber dann zwang ich mich dazu, einen Anfang zu machen. «Also, ich bin 1,65 m groß und habe über die Schulter reichendes, rotbraunes Haar. Meine Locken sind nervig und ich kann sie nicht leiden. Meine grünbraunen Augen sind okay. Aber ich trage nun mal nicht XX-Small und bin kein Model.»

«Ernsthaft, Emma?» Sie lachte laut und ich musste mir ein Grinsen verkneifen. «Falsch, komplett falsch. Du hast rotbraunes Haar, ja ‒ aber deine Locken sind der Hammer, sie umrahmen spielerisch dein Gesicht und bringen deine grünbraunen Augen wunderschön zur Geltung. Und erst deine langen Wimpern …Stimmt, du trägst nicht XX-Small, aber dafür bist du nicht so flach wie ein Brett, wie die meisten Models, sondern hast wenigstens Brüste. Also nein, an deinem Aussehen liegt es bestimmt nicht, und an deinem Charakter schon gar nicht. Vielleicht träumst du manchmal zu viel und bist zu gutgläubig, aber dafür habe ich selten einen so lieben und großzügigen Menschen kennengelernt wie dich.»

«Wow, das klingt wie eine Liebeserklärung», flüsterte ich, von ihren Worten richtiggehend ergriffen. Mia nahm ihre Hände von meinen Schultern und wir gingen zurück ins Wohnzimmer. Ich war ihr dankbar, als sie das Thema wechselte und wir über belanglose Dinge plaudern konnten. Die restliche Pizza war schnell in Vergessenheit geraten und die Flasche Lambrusco längst leer. Mia gähnte herzhaft. »Na gut, ich geh dann mal. Ich muss morgen früh raus und es wäre schön, wenn meine Ringe unter den Augen nicht die ganze Aufmerksamkeit auf sich ziehen würden.« Sie schenkte mir ein Lächeln und ging Richtung Wohnungstür. Bevor sie mich verließ, umarmte sie mich noch einmal.

***

Die nächsten Tage waren eine Qual. Mir wollten Mias Worte, dass Peter alles leidtat und er mich zurückhaben wollte, einfach nicht aus dem Kopf gehen, und der Firmenkonkurs drückte ebenfalls auf die Stimmung. Am Freitag hatte ich dann den Höhepunkt meines Tiefpunkts erreicht. Mir war einfach alles zu viel, der noch immer vorhandene Trennungsschmerz und die berufliche Hiobsbotschaft zogen mir den Boden unter den Füßen weg. Ich war kurz davor, zu hyperventilieren und musste an die frische Luft, also packte ich kurzerhand mein Zeug zusammen und meldete mich für den Rest des Tages krank.

Zu Hause angekommen, schleuderte ich die Schuhe in eine Ecke und tauschte sofort die Arbeitskleidung gegen meine Schlabberhose und ein weites Sweatshirt.

Zum Glück war bereits Freitag und ich hatte das ganze Wochenende Zeit, um wieder auf die Beine zu kommen. Ich mummelte mich zu Hause in meine kuschelweiche Decke ein und schaltete das Handy aus, wohlwissentlich, dass Mia am Rad drehen würde, wenn sie mich nicht erreichen konnte ‒ aber das war mir ausnahmsweise egal.

Ich hatte keine Lust auf die Welt, und die Welt hatte keine Lust auf mich. Schmerzlich wurde mir klar, dass ich vor einem Trümmerfeld stand und keinen Plan hatte, wie es weitergehen sollte. Zahlreiche Fragen schwirrten mir im Kopf herum: Würde ich meinen Job behalten können? Würde ich die Miete weiterzahlen können? Würde ich mich irgendwann wieder verlieben? Würde ich jemals meine große Liebe finden? Hatte ich es überhaupt verdient, glücklich zu sein?

All diesen Fragen wollte ich keine weitere Beachtung schenken und spendierte deshalb meinem Hirn einen wohlverdienten Kurzurlaub: Ich würde mir die Nacht mit stupiden Fernsehserien um die Ohren schlagen.

Nachdem ich ergebnislos durchgezappt hatte und keine Serie mich in ihren Bann ziehen konnte, entschied ich mich für einen meiner Lieblingsfilme. Irgendwo hatte ich mal gelesen, dass Weinen die Seele reinigen soll. Genau das konnte ich jetzt gut gebrauchen. Meine Wahl fiel auf P.S. Ich liebe Dich. Dieser Film war mir schon immer unter die Haut gegangen. Noch bevor er anfing, kullerten bereits die ersten Tränen. Unglaublich, wie bitterlich man bei einem Film weinen konnte. Von einem Heulkrampf zum nächsten schwor ich mir, auf die große Liebe zu warten. Eine Packung Taschentücher später sah die Welt schon wieder besser aus.

Die bohrenden Fragen kamen jedoch zurück und ich ergab mich meinem Schicksal. Mit hängendem Kopf schlurfte ich ins Schlafzimmer und starrte Löcher in die Decke. Hätte das tatsächlich funktioniert, würde man dort jetzt wohl eine Kraterlandschaft betrachten können.

***

Am nächsten Morgen musste ich feststellen, dass ich mich keinen Deut besser fühlte. Antworten hatte ich noch immer keine auf meine schier endlosen Fragen, und mein Kopf dröhnte schon jetzt ‒ vor meinem ersten Kaffee.

Das restliche Wochenende verlief wie der Freitag. Ich suchte rührselige Filme heraus und reduzierte meinen Taschentuchvorrat auf eine kritische Menge. Am Sonntagnachmittag ließ der drastische Schwund einen weiteren Heulkrampf nicht mehr zu. Ich raffte mich auf und nahm zum ersten Mal an diesem Wochenende mein Handy wieder in Betrieb. Keine zwei Minuten später spielte es verrückt.

Mia hatte mir gefühlte dreißig Nachrichten geschickt. Aber eine weitere verschlug mir kurzfristig den Atem, und ich musste mich daran erinnern, Luft zu holen: Eine Nachricht von Peter, meinem Ex! Wieder schossen jede Menge Fragen mit Lichtgeschwindigkeit durch meinen Kopf: Was wollte er? Wenn er mich fragen würde, ob wir es nochmals probieren würden, würde ich dem zustimmen? Könnte ich ihm vergeben? Würde ich ihm jemals wieder vertrauen können?

Es gab nur eine Möglichkeit, herauszufinden, was er wollte: Ich musste seine Nachricht lesen. Leichter gesagt als getan, wenn einen die Finger im Stich lassen und den Dienst einstellen. Ich brauchte ein paar Anläufe, bis ich es schaffte, die Nachricht zu öffnen.

Wir müssen reden

Seufzend ließ ich mich auf die Couch fallen und war nun genauso schlau wie vorher. ›Okay, durchatmen, nicht hyperventilieren, Gehirn einschalten. Nicht sofort springen, wenn er schreibt!‹, ermahnte ich mich selbst in Gedanken.

Grübelnd starrte ich die Nachricht an und war unentschlossen, wie meine nächsten Schritte aussehen sollten. Die folgenden zwanzig Minuten verbrachte ich damit, im Geiste meine Optionen durchzugehen. Option 1: Anrufen. Option 2: Ignorieren. Option 3: Mia um Rat fragen. Andere Optionen schafften es nicht in die engere Wahl. Kurz musste ich schmunzeln, da mir Rudi Carrell und die erotische Stimme von Susi, die mir schon als Kind so gut gefallen hatte, eingefallen waren.

Und hier kommt die Zusammenfassung von Susi: So, Emma, welche Option soll es denn nun sein? Option 1, die dich wie eine Marionette wirken lässt, als würdest du nur darauf warten, dass Peter sich meldet? Oder Option 2, die dich nie zur Ruhe kommen lassen wird, da du nie herausfinden wirst, was er von dir wollte? Oder Option 3, die wahrscheinlich die beste Option ist, aber voraussetzt, dass du über deinen Schatten springst, dich bei deiner besten Freundin entschul­digst, Besserung gelobst und dir eine verdiente Standpauke abholst? Tja, Emma jetzt musst du dich entscheiden!

Und es gab nicht einmal einen 50/50-Joker. Wobei: Wenn ich ehrlich zu mir selbst war, wusste ich die Antwort auch so. Mia war die Lösung, also Option 3.

Und hier ist dein Herzblatt ... 

Nachdem sich Rudi Carrell und Susi aus meinen Gedanken verabschiedet hatten, atmete ich noch zweimal tief durch, nahm das Handy und wählte Mias Nummer.

Das Freizeichen ertönte erst gar nicht, als Mia schon abhob. »Alles gut bei dir, Emma?« Sie musste wohl sehnsüchtig auf meinen Anruf gewartet haben.

Als ich mit ›Ja‹ antwortete, seufzte Mia ‒ und dann ging es erst richtig zur Sache. Die Frage, ob ich von allen guten Geistern verlassen sei, war noch die harmloseste. Ich konnte es ihr nicht verübeln, dass sie sauer auf mich war und sich Sorgen um mich machte. Normalerweise verging kein Tag, ohne dass wir uns hörten, schrieben oder sahen.

Ich ließ Mias tadelnde Worte über mich ergehen und hoffte auf ein baldiges Ende des Vortrags, da ich drin­gend einen Rat von ihr brauchte. Nach einer gefühlten Ewigkeit und der mehrmaligen Beteuerung meinerseits, dass so etwas nie wieder vorkommen würde, konnte ich ihr endlich erzählen, was in den letzten zwei Tagen passiert war.

»Och, Süße«, hörte ich sie sagen, nachdem ich mit meiner Erzählung geendet hatte.

Mia war so ganz das Gegenteil von mir. Sie war zielstrebig, hatte einen genauen Plan für ihr Leben und hatte dieses in Meilensteine eingeteilt. Nichts in ihrem Leben wurde dem Zufall überlassen. Ich hingegen war ein totaler Chaot und wusste nie, was ich aus meinem Leben machen wollte. Als Kind wollte ich Prinzessin werden. Wie ich dann feststellen musste, war das nicht so einfach, da es mittlerweile nicht mehr so viele Länder mit Monarchen gab; also stand der Klassiker ›Sängerin und Schauspielerin‹ auf dem Programm. Auch dieser Traum löste sich irgendwann unerfüllt in Luft auf.

Trotzdem waren wir seit rund zehn Jahren beste Freundinnen. Mia war bereits verheiratet und lebte mit ihrem Mann Thomas in einem schicken Haus am Stadtrand. Der Kinderwunsch ‒ der nächste logische Meilenstein in Mias Leben ‒ blieb jedoch bis dato unerfüllt, was ihr zu schaffen machte.

Ich musste wieder an den Tag zurückdenken, als Mia und ich uns zum ersten Mal begegnet waren.

Ich wohnte in einem Studentenwohnheim in der Nähe von Friedrichshain in Berlin. Um mir das Zimmer leisten zu können, musste ich mich mit Nebenjobs über Wasser halten. Damals verdiente ich meine Brötchen in einer Bar ums Eck. Die Bezahlung war miserabel, aber das Trinkgeld war gut. Grund­sätzlich war dort sehr angenehmes Publikum, außer an jenem Abend, als ich Mia kennenlernte. Ich kellnerte und hatte alle Hände voll zu tun, da der Laden gut besucht war. Mia saß mit ihrem Freund, zu diesem Zeitpunkt war er es zumindest noch, in einer Ecke des Lokals. Aus den Augenwinkeln konnte ich verfolgen, wie sich ein Streit zwischen den beiden zu einem regelrechten Beziehungsdrama entwickelte. 

Aus einem normalen wurde ein lauteres Gespräch, danach folgte Geschrei, und zu guter Letzt konnte ich gerade noch einschreiten, als Mias Ex die Hand gegen sie erhob und im Begriff war, sie zu schlagen.

Ehe das passieren konnte, rempelte ich ihn unter Einsatz all meiner Kräfte an und brachte ihn so ins Wanken. Danach ließ ich einen lauten Pfiff los, und zwei Securities eilten herbei. Ich setzte sie kurz ins Bild, und dann wurde der freundliche junge Mann vor die Tür begleitet. Mia war aschfahl und zitterte am ganzen Körper. Da der Schichtwechsel bevorstand, packte ich Mia kurzerhand in ein Taxi, und wir fuhren zu mir. Ich überließ ihr meine Couch, und von da an waren wir unzertrennlich.

Mias rationaler Zugang beim Lösen von Problemen würde mir den richtigen Weg weisen.

»Also, was soll ich machen?«

Mia hielt kurz inne. »Was sagt dir dein Herz?«

Gute Frage. Ich wusste es, wenn ich ehrlich zu mir war, selbst nicht. Mein Gewissen meldete sich und focht einen internen Kampf aus. Eine lieblich säuselnde Stimme meinte, dass ich Peter noch eine Chance geben sollte. Die andere, grummelige Stimme beharrte darauf, dass die Katze das Mausen nicht lassen würde. In meinem Kopf huschte ein Bild vorbei, das mir eine Fee und einen haarigen Troll beim Streiten zeigte. Ich lächelte kurz, aber im nächsten Moment seufzte ich.

»Mia, ich weiß es beim besten Willen nicht. Einerseits gehen mir deine Worte nicht mehr aus dem Kopf und man kann ja nicht einfach so zwei Jahre vom Tisch wischen und stattdessen so weitermachen, als wäre nie etwas passiert. Andererseits hat Peter sich mit dieser miesen Nummer keine zweite Chance verdient. Die Ungewissheit, ob es tatsächlich ein einmaliger Ausrutscher war oder zur Gewohnheit wird, nagt an mir wie eine Maus am heißbegehrten Käse.«

Mia überlegte nochmals. Ich konnte förmlich ihr Gehirn rattern hören. »Lass ihn noch ein paar Tage schmoren und dann antworte ihm, dass ein Telefonat in Ordnung wäre. Mach dir vielleicht eine Pro-und-Contra-Liste, was für und was gegen eine Wiederbelebung der Beziehung spricht.«

»Mia?«

»Ja?«

»Weißt du eigentlich, wie lieb ich dich hab? Ich wüsste nicht, was ich ohne dich machen würde!«

Mia lachte. »Ich weiß, meine Süße! Ich hab dich auch ganz dolle lieb!«

Ich versprach ihr, mich morgen nach dem Gespräch mit Herrn Mayer zu melden und legte auf.

Einige Zeit sinnierte ich noch auf meiner Couch über die Geschehnisse der letzten Wochen und beschloss dann, mich früher als sonst unter die Dusche zu begeben. Anschließend ging ich sofort ins Bett. Auch wenn es mir innerlich nicht gut ging und sich mein Herz beim Gedanken an Peter noch immer schmerzhaft zusammenzog, wollte ich zumindest äußerlich kein bemitleidenswertes Bild abgeben.